Heinrich überkam ein, beinahe ambivalent zu nennendes Angstgefühl. Wenn Colette von seinem Abenteuer erfuhr, würde sie sicherlich gekränkt sein. Zumindest hoffte Heinrich, dass Colette wegen seines “Seitensprungs“ Eifersucht empfand. Er sehnte sich danach, die Nummer Eins zu bleiben; zumindest was seine Rolle als Madames Zögling anbelangte. An Heinrich nagte noch immer die Tatsache, dass Colette an Doro Gefallen fand. Dieses Gefühl der vermeintlichen Missachtung trieb ihn zu Ottilie, die er zufällig am Ufer des Sees getroffen hatte. Heinrich schwankte, ob er sein Erlebnis beichten sollte. Während er immer noch grübelte, klopfte es an seiner Zimmertüre. Heinrich ahnte, wer ihn zu sehen wünschte. Es war tatsächlich Colette, der er die Türe öffnete. Madame setzte sich auf Heinrichs Bett, während er aufgeregt von einer Ecke des Zimmers zur anderen lief. „Mir scheint, dass du mir etwas zu sagen hast. Was ist es denn, Heinrich, dass dich so sehr bedrückt?“ Colettes warme Stimme rührte ihn. Heinrich spürte das schlechte Gewissen, das sich rasant seiner Seele bemächtigte. „Ich weiß nicht, was mich geritten hat. Ich traf eine alte Bekannte, als ich am See weilte. Ottilie von Hagen lud mich zu sich nachhause ein…“ Madame Colette entfachte ein Streichholz, mit dem sie sich eine Zigarette anzündete. Sie nahm einen tiefen Zug, ließ den Rauch durch ihre kirschroten Lippen entweichen. „Sie hat dich in ihren Keller geführt, nicht wahr? Ich kenne die Geschichten, die man sich über Ottilie erzählt! Schau nicht so verwundert, Heinrich. Ich kann mir denken, dass sie dich mit ihrer Gerte verwöhnt hat. Ist es nicht so, mein Lieber?“ Heinrich bat Colette um einen Glimmstängel. Er rauchte nur sehr selten, aber in diesem Moment war ihm danach. Colette hielt ihm ihr Etui hin, aus dem er sich eine Zigarette nahm. Nach einem gierigen Zug gestand er seinen Abstecher in Ottilies süßen Folterkeller. „Ich konnte nicht widerstehen, nachdem ich wusste, dass Frau von Hagen ab und an die Peitsche schwingt. Zudem war ich eifersüchtig, da du dich so sehr mit Dorothe beschäftigst. Ich gestehe, dass ich mich zurückgesetzt fühlte. Es war dumm von mir!“
Colette lächelte milde. „Das war es, mein Freund!“ Colette überlegte, wie sie auf diese Enthüllung reagieren sollte. Heinrich hatte eine Strafe verdient, die ihn zum Nachdenken bringen sollte. Es ging weniger um den Schmerz als um seine Beschämung. Madame wandte sich an Heinrich: „Warte hier auf mich. Ich bin in spätestens zehn Minuten wieder bei dir und bis dahin wirst du dich deiner Hose entledigen!“ Heinrichs Herz schlug eine Spur schneller. Er sehnte sich nach Madames strenger Hand und es fiel ihm leicht, ihrem Befehl nachzukommen. „Du wirst mich gut vorbereitet finden, wenn du zurückkehrst!“ Madame Colette ging ohne ein weiteres Wort. Heinrich nahm an, dass sie ein geeignetes Instrument holen wollte, aber das war nicht die ganze Wahrheit. Nachdem Colette die schottische Tawse aus ihrer Truhe gezogen hatte, suchte sie die Küche ihres Haushaltes auf. Dort saß Doro am Tisch, wo sie eifrig Kartoffeln schälte. Colette bat die Köchin, eine Weile auf Doro zu verzichten. Der jungen Frau wurde schon bange, da sie glaubte, einen Fehler gemacht zu haben. Colette beruhigte sie diesbezüglich, gleich nachdem sie mit Doro die Küche verlassen hatte. „Ich brauche deine Hilfe, Dorothe. Du musst mir bei einer Bestrafung assistieren. Herr Greven hat sich einen Affront geleistet, den es zu sühnen gilt. Er wartet in seinem Zimmer auf mich, um seine verdiente Züchtigung entgegenzunehmen. Magst du mir dabei zur Seite stehen?“ Doro zitterte am ganzen Leib. „Wenn das mein Mann erfährt! Karl wird es nicht gutheißen, wenn ich zusehe, wie Herr Greven Hiebe bekommt.“ Colette klopfte dem Mädchen auf die Schulter. „Ich werde es ihm erklären, wenn dir das lieber ist. Ich glaube, dass er im Garten arbeitet. Wir werden ihn einfach fragen, ob er einverstanden ist!“ Doro fühlte sich hin und hergerissen. Sie ahnte, dass Karl es ihr nicht erlauben würde. Es reizte sie aber sehr, bei dieser Bestrafung zugegen sein zu dürfen. Dorothe bat Colette, Stillschweigen zu bewahren. „Wenn wir Karl fragen, wird er es mir verbieten wollen. Ich mag ihnen aber so gerne behilflich sein. Könnten wir es nicht unter uns Dreien belassen?“ Colette sagte Doro sowohl ihre eigene als auch Heinrichs Verschwiegenheit zu. „Dein Karl wird rein gar nichts erfahren! Sollte dennoch etwas zu ihm durchsickern, werde ich ihm versichern, dass ich dir den Befehl zu deiner Mithilfe gab."
Heinrich saß auf seinem Bett, als die Damen den Raum betraten. Doro schluckte, da der Mann keine Hosen trug. Heinrich blickte mit großen Augen auf die Tawse, die Colette in ihren schönen Händen hielt. Dann entdeckte er Doro, deren Anwesenheit ihm nicht sehr genehm zu sein schien.......
Und wie immer, so findet sich alles Weitere auch dieses Mal im Geschichtenbereich.....
Grüssle
Holger
